Die Corona-Pandemie stellt für die meisten Familien längst eine nicht mehr zu stemmende Belastung dar. Verschiedenste Auffälligkeiten, bis hin zu ernsthaften Krankheitsverläufen nehmen zu. Das Wohl vieler Kinder scheint latent oder akut gefährdet. Kinder und Eltern fühlen sich zunehmend von den politisch Verantwortlichen alleine gelassen. Viele Entscheidungen von Bund, Ländern und der kommunalen Ebene sind zu wenig am Kind orientiert. Eltern und andere Personen die täglich Sorge für Kinder in Kitas, Schulen und anderen Einrichtungen tragen, finden in der öffentlichen Diskussion und bei den Entscheidungsträgern kaum Beachtung. Insbesondere ist die fehlende Partizipation und Teilhabe von Kindern und Jugendlichen und ihrer Vertretungsgremien, bei allen Entscheidungen für ihr Wohl, nicht hinnehmbar. Dies stellt eine gravierende Rechtsverletzung dar. So heißt es im Artikel 24 der EU-Grundrechtecharta: Kinder haben Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für ihr Wohlergehen notwendig sind; ihre Meinung wird in den Angelegenheiten, die sie betreffen, in einem ihrem Alter und ihrem Reifegrad entsprechenden Weise berücksichtigt; bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher Stellen oder privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein.
Dem entsprechend fordert die Partei Freie Wähler ein sofortiges Umdenken bei den politisch Verantwortung tragenden Personen und eine ernsthaft angelegte öffentliche Beteiligungskultur von Kindern, Eltern und der mit Kindern arbeitenden Fachkräfte.
Ziel muss sein, dass Kinder und alle beteiligten Erwachsenen bei künftigen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie angemessen einbezogen werden, mitbestimmen können, somit die Entscheidungen besser verstehen und mittragen. Eine wirksame Akzeptanz, Anwendung und Einhaltung aller Vorsorgemaßnahmen und Hygieneregeln ist ohne unmittelbare Beteiligung nicht möglich. Gleiches gilt für das allgemeine Vertrauen in die Seriosität der Entscheidungspersonen und somit in die Verlässlichkeit von Zusagen und Planungen. Kinder, ihre Familien und beteiligte Fachkräfte müssen wissen „wo sie dran sind, was sie erwartet.“
Das heißt, die Partei Freie Wähler geht davon aus, dass - mit Ausnahme eines Voll-Lock-Down - ein Regelbetrieb von Kitas, Schulen und anderen helfenden Systemen grundsätzlich notwendig und möglich ist.
Weitere Voraussetzungen hierfür sind allerdings:
Kitas beziehen verstärkt Kinder und Eltern in die Gestaltung ihrer verlässlich zu gewährenden Angebote mit ein und Eltern akzeptieren eventuelle Angebotseinschränkungen oder konzeptionelle Änderungen.
Schulen beziehen verstärkt Schüler und Eltern in die Gestaltung des Schulbetriebs mit ein und erarbeiten Regelungen für die Gewährleistung eines funktionierenden Präsenzunterrichts.
Wechselunterricht und zeitversetzter Unterricht wird als konzeptionelle pädagogische Bereicherung bezüglich der Pflicht von Schulpräsenz angesehen. Beispielhaft: Vormittag von 8.00 -12.00 Uhr und am Nachmittag von 13 – 17 Uhr. Zusätzliche Unterrichtsangebote am Samstagvormittag würden zu einer weiteren“ Entzerrung“ und Entlastung des Schulbetriebs beitragen.
Fachkräfte die einer Risikogruppe angehören, trotzdem dem Schulbetrieb zur Verfügung stehen, müssen durch besondere Einsatzmöglichkeiten, erhöhten Schutz erfahren. Beispielsweise könnten sie Einzelförderungen durchführen, für Kollegen*innen Vorbereitungen treffen, Lehramtsstudenten*innen beratend begleiten und andere Berufsgruppen (Schulpsychologen, Sozialpädagogen etc.) unterstützen. Dies betrifft analog auch Mitarbeiter*innen in allen Bereichen der Kindertagesbetreuung.
Grundschüler*innen und beeinträchtigte Schüler*innen werden von Lehrern*innen, Lehramtsstudierenden, sozialpädagogisch tätigem Fachpersonal- im Einzelfall- zusätzlich auch zu Hause unterstützt.
Jeder Raum in Kita, Schule etc. in dem sich Kinder aufhalten, ist mit einem Luftreinigungsgerät nach neuestem Standard ausgestattet und wird regelmäßig professionell gewartet.
Jede Kita / Schule hat ein funktionierendes eigenes Hygienekonzept, angepasst an die offiziell geltenden Corona-Richtlinien, beispielhaft: versetzte Pausenregelungen, Freizeit-und Sportaktivitäten, Essenszeiten, Ankunfts- und Abholzeiten.
Alle Minderjährigen lernen / interagieren in „festen Kleingruppen“ von maximal 12 Kindern.
Möglichst kein Personalwechsel bezüglich der jeweiligen Kleingruppe. Wenn doch notwendig, nur Personal mit aktuellem Negativtest (max. 48 Stunden alt) einsetzen.
Die zusätzliche Nutzung von Bussen und anderen Fahrgelegenheiten (Taxen) ist dringend zu organisieren, um die Risiken während des Transportes von Kindern zu minimieren.
Maskenpflicht gilt für alle Schüler ab der Sekundarstufe I und alle Erwachsene im Schulbetrieb, im Schulbus, innerhalb und außerhalb des Schulgebäudes. Grundschüler*innen und beeinträchtigte Schüler*innen sind von der Maskenpflicht befreit, können jedoch freiwillig und situativ Masken nutzen.
Masken und andere Hygieneartikel müssen für alle Kinder und Fachkräfte kostenfrei und ausreichend zur Verfügung gestellt werden.
Das Angebot der - mindestens zweimal pro Woche- kostenfreien Nutzung von Schnelltests für alle Kinder in öffentlichen Institutionen und alle Erwachsene die mit Kindern arbeiten, sollte zur selbstverständlichen Vorsorge gehören.
Eine zeitnahe Impfmöglichkeit für alle Erwachsene die in Kitas, Schulen und anderen Bereichen mit Kindern arbeiten, muss dringend erfolgen.
Kooperation mit Vereinen / Kirchen / Freien Trägern etc. Alle geeigneten Gebäude und Räumlichkeiten wie Turnhallen / kirchliche Räumlichkeiten / Vereinshäuser / Gemeinschaftshäuser etc., sowie vorhandene Freiflächen, sollten für Kitas und Schulen kostenfrei zur Verfügung stehen und genutzt werden können.
Digitale Techniken und Instrumente die im Schulbereich eingesetzt werden, müssen vorab und in jedem Fall, auf Kind- und altersgerechte Nutzungsbedingungen geprüft werden. Jedes Kind muss dabei aktiv angeleitet und schützend begleitet werden. Insbesondere bis etwa zum Ende der Grundschulzeit sollte dies im Interesse des Kindeswohls stets Beachtung finden. Jegliche digitalen Instrumente sind von den Schulen (analog der Bücher) den Schülern*innen, aber auch den Lehrkräften kostenfrei zur Verfügung zu stellen, bleiben stets Eigentum der Schule und sind ausschließlich zum schulischen Gebrauch im Kontext von Schule nutzbar zu machen. Sie sind als pädagogische Hilfsmittel zu betrachten, die im Regelfall keinen Präsenzunterricht ersetzen.
Technik und Verfahren müssen den aktuellen Datenschutz- und Kinderschutzbestimmungen entsprechen und gewährleisten, dass verantwortliche Eltern und Fachkräfte durch die Zulassung der Anwendung nicht in rechtliche Gefährdungslagen kommen. Entsprechend der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gelten für Kinder und Jugendliche besondere Schutzmaßnahmen. Verantwortliche, besonders im öffentlichen Bereich, haben eine Rechenschaftspflicht über die Einhaltung der Schutzprinzipien. Beispielsweise sollten nur Internetplattformen für Lehrinhalte benutzt werden, die von EU-Unternehmen betrieben werden und ausschließlich schuleigene Geräte zum Einsatz kommen.
Keine Schließungen von ganzen Kitas und Schulen notwendig. Tritt ein „Coronafall“ auf, so wird nicht die ganze Kita oder Schule geschlossen, sondern alle Kinder und Fachkräfte die zur jeweiligen „festen Kleingruppe / Lerngruppe“ gehören bleiben für die Zeit der Quarantäne zuhause. Während der Zeit der Quarantäne werden alle betroffenen Kinder und Familien durch Fachkräfte aus Kita oder Schule weiter betreut und informiert. Insbesondere die vom „Coronavirus befallenen“ Kinder oder Erwachsenen werden während der Krankheitsphase intensiv begleitet. Hierfür sollte jede Kita und Schule zeitnah ein Konzept - gemeinsam mit Kindern, Eltern und Fachkräften - erarbeiten.
Die Corona-Pandemie muss trotz ihrer massiven Einschränkungen in allen Lebensbereichen und der noch nicht zu erfassenden langfristigen Folgen, auch als Chance verstanden werden. Dem entsprechend sollte unsere Gesamtgesellschaft die Teilbereiche: Kinder, Eltern, Familie, Kindertagesbetreuung, Kita und Schule ernsthaft reflektieren und Weiterentwickelungen unter Beteiligung aller relevanten Personen und Institutionen gestalten.
Dazu gehört auch ein neuer, durch private Initiative und freiwillige Verantwortungsübernahme, zu gestaltender Ansatz von Familienentlastung und Kindeswohlförderung in Pandemiezeiten. Der nicht von Staat geregelt, jedoch von seinen zuständigen Organen gefördert werden sollte. Der Leitgedanke (skizziert): 2 – 3 Familien (Kinder und Familienmitglieder im engeren Sinne) bilden eine „feste, familienunterstützende Bezugsgruppe“, besuchen sich gegenseitig und helfen sich gemeinsam, bilden beispielsweise Fahrgemeinschaften und gestalten Freizeitaktivitäten etc. Eltern und Kinder können Gemeinschaft, Solidarität, Unterstützung, Entlastung und Förderung erfahren. Sowohl für die Systeme Kita / Schule und Einzelfamilie / „familienunterstützende Bezugsgruppe“, ergeben sich viele Synergieeffekte, um der gemeinsamen Verantwortung gegenüber jedem einzelnen Kind noch besser gerecht werden zu können und beteiligte Erwachsene zu entlasten.
Diejenigen, die sich dem Wohle jedes einzelnen Kindes verpflichtet fühlen, sollten sich dafür einsetzen, dass sich neue, möglichst privat organisierte Unterstützungssysteme für Familien entwickeln und das jetzigen Kita- und Schulsystem unter den Aspekten: Struktur, Prozess, Ergebnis-und Qualitätsentwicklung einer ernsten Bewertung unterzogen wird. Die Corona-Pandemie hat zweifelsfrei in allen Gesellschaftsbereichen Schwachstellen aufgedeckt, so auch bezüglich Kita und Schule. Da diese Systeme enorme Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern haben, müssen sie sich möglichst noch während, aber spätestens nach dem Abebben der Corona-Krise, einem „Transformationsprozess“ unterziehen. Die Qualität von Bildung, Erziehung, Betreuung und Förderung von Kindern ist für diese selbst, wie die Gesamtgesellschaft so bedeutend, dass sich möglichst alle Gesellschaftssysteme und Verantwortung tragenden Personen dringend damit auseinander setzen sollten.
Im Sinne des Kindeswohls ist stets zu bedenken, dass Kinder andere Kinder brauchen!
Kinder benötigen zum „Wachsen und Gedeihen“ Lebens- und Erfahrungsräume über ihre Familie hinaus.
Daher ist die Gewährleistung eines qualifizierten, kindgerechten und zuverlässigen Regelbetriebs von Kita und Schule, eine wichtige Kindeswohl sichernde und fördernde Maßnahme.