In letzter Instanz hat der Staatsgerichtshof kürzlich entschieden, die von der FREIE WÄHLER geforderte begrenzte Neuauszählung der Landtagswahl 2018 findet nicht statt. Eine Begründung hierfür nannte das Gericht bisher nicht. Etliche Stimmen, die für die FREIE WÄHLER abgegeben wurden, bleiben unauffindbar oder anderen Parteien zugeordnet.Noch vor der Verkündung des amtlichen Endergebnisses hatten die FREIE WÄHLER das vorläufige Wahlergebnis mit statistischen Methoden analysiert. Hierbei wurde festgestellt, dass einige Ergebnisse der FREIE WÄHLER mit anderen Parteien vertauscht wurden oder unplausibel waren. Die feststellten Auffälligkeiten wurden dem Landeswahlleiter sowie den betroffenen Kreiswahlleitern mitgeteilt. Durch Rückmeldungen von verschiedenen Kreiswahlleitern ist bekannt, dass durch die Hinweise 14 Wahllokale neu ausgezählt wurden. In 13 Wahllokalen davon bewahrheiteten sich die Abweichungen. Lediglich im Wahllokal „Ehemaliger Schiefer Balken“ in Gießen bestätigte sich der Verdacht nicht. Dies beweist einer Trefferquote der Methodik von 93%. Statt der vorher 55 gezählten Stimmen erhielten die FREIE WÄHLER in diesen Wahllokalen nach der Neuauszählung 245 Stimmen. Weiterhin wurde feststellt, dass ein Abgleich mit den Wahlniederschriften nicht ausreicht, da die Fehler zum Teil bereits im Protokoll enthalten sind. Eine Neuauszählung in konkret benannten Wahllokalen ist also kein unbilliges Verlangen.
Vielmehr wäre es Aufgabe des Landeswahlleiters gewesen, solche Auffälligkeiten zu suchen und korrigieren zu lassen.In 23 Wahllokalen nahm weder der Landeswahlleiter noch der zuständige Kreiswahlleiter bis zur Feststellung des Endgültigen Wahlergebnisses eine Korrekturvor. Dagegen reichte Dr. Diego Semmler von der FREIE WÄHLER Klage ein und verlangtedie Neuauszählung dieser Wahllokale. Das Wahlprüfungsgericht konnte bereits ohne Neuauszählung in 10 Fällen die Abweichungen bestätigen oder hielt die Vertauschung von Stimmen ebenfalls für plausibel. Einen Anlass zur weiteren Prüfung sah das Gericht dennoch nicht, da der Fehler zu klein für eine Mandatsveränderung und eine Überprüfung unverhältnismäßig und daher nicht erforderlich sei. Für Dr. Semmler wardies keine Überraschung, besteht das Wahlprüfungsgericht zur Mehrheit aus Landtagsabgeordneten der politischen Mitbewerber.Dr. Semmler legte in zweiter Instanz Wahlprüfungsbeschwerde beim Staatsgerichtshof ein, denn das Wahlprüfungsgericht hatte, wie der Landeswahlleiter später einräumen musste, die Anzahl der Stimmen für eine Mandatsverschiebung zu hoch berechnet. Außerdem ist laut Gesetz eine Mandatsveränderung nicht zwingend für eine Überprüfung erforderlich und das Bundesverfassungsgericht hat in der Vergangenheit immer wieder klar gestellt, dass Wahlprüfungen und Nachzählungen zulässig sind. Ob sich daraus eine Mandatsveränderung ergibt, kann erst nach Abschluss aller Überprüfungen festgestellt werden. Das Wahlprüfungsgericht hat jedoch genau dies imVorhinein verweigert und ist seinem Prüfungsauftrag nicht nachgekommen.
Der Staatsgerichtshof folgte der Argumentation von Dr. Semmler nicht und wies die Klagein letzter Instanz ab. Gründe dafür gab es nicht an.Problematisch sieht Dr. Semmler, dass hiermit bewiesen wurde, dass es für den einfachen Bürger keine Möglichkeit gibt das Wahlergebnis, selbst bei offensichtlichen und in diesem Fall sogar mathematisch bewiesenen Unregelmäßigkeiten, überprüfen zu lassen. Diese Zustände hätte er in weniger demokratischen Staaten wie Belarus oder der ehemaligen DDR vermutet, aber nicht in Hessen. Das Parlament und all dessen Gesetze beziehen ihre Legitimation aus dem Wahlergebnis. Hält dieses Ergebnis einer Prüfung nicht stand, kann das Parlament seine Legitimation auch nicht aus diesem Ergebnis beziehen. Eine sachgerechte Prüfung des Wahlergebnisses hätte daher die Legitimation des Parlaments und das Vertrauen der Bevölkerung in die Wahl und die Landesinstitutionen nicht geschwächt,sondern gestärkt. Eine Aufarbeitung von Fehlern würde helfen, diese in Zukunft zu verhindern. Diese Chance wurde versäumt.Einem hessischen Donald Trump würde es mit solchen Unregelmäßigkeiten leicht fallenMisstrauen gegen das Wahlergebnis zu sähen. Erfundene Behauptungen bräuchte er dafür nicht.
Um dies zu verhindern, fordern die FREIE WÄHLER nun eine politische Aufarbeitung. Im Wahlprüfungsgesetz müssen juristische Schlupflöcher geschlossen werden, um die Landesbehörden zukünftig zum Handeln zu zwingen, wenn sie schon nicht fähig oder willens sind, das Ergebnis selbst zu überprüfen.
In einer Demokratie sollte jeder Wähler das Recht haben, dass seine Stimme mit der größten Sorgfalt zu der Partei gezählt wird, die er gewählt hat, so Dr. Semmler abschließend.