Rede des Vorsitzenden der Fraktion FREIE WÄHLER Holger Gros zum Haushalt 2022.
Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich bin kein Freund davon, in einer Haushaltsrede all die einzelnen Posten und Leistungsmerkmale, die wir schon zigmal im Vorfeld diskutiert und gehört haben gebetsmühlenartig zu wiederholen.
Vielmehr will ich mich darauf konzentrieren, ob die Haushaltsgrundsätze, die durch die Gesetze der Landkreisordnung vorgegeben sind, eingehalten wurden und, ob die gesetzten Haushaltsschwerpunkte zielführend, zukunftsweisend und realistisch sind.
So sehen wir die großen Vorhaben und Schwerpunkte im Haushalt 2022 für die nächsten Jahre beispielsweise in den Themen:
- des Umwelt- und Klimaschutzes,
- der Energiewende,
- der Digitalisierung,
- der Sanierung und den Neubau unserer Schulen
- des weiteren Ausbaus des ÖPNV
ausgewogen und die dringlichen Handlungsbedarfe wurden nicht nur vollumfänglich erkannt und berücksichtigt, sondern auch finanziell angemessen unterfüttert.
Als nächstes stellt sich die Frage, ob die allgemeinen Haushaltsgrundsätze bei der Aufstellung des Haushaltes beachtet wurden.
Ich mache es kurz: Die Haushaltswirtschaft wurde so geplant, dass die stetige Erfüllung der Aufgaben gesichert ist.
Bleibt der letzte Punkt noch zu klären, ob der überwiegend umlagefinanzierte Haushalt des Kreises nicht zu einer übermäßigen Belastung der Kreiskommunen führt.
Dies soll wie wir alle wissen nicht der Fall sein.
Der Kreis erlebt einen Rekord bei der Gewerbesteuereinnahmen.
Ein Haushaltsausgleich ist ein lobenswertes Ziel.
Jedoch streben dies auch unsere Kommunen im Kreis an.
Indem der Kreis ihnen die Mittel dazu wegnimmt, haben sie es jedoch nun schwerer den Ausgleich zu erreichen.
Der Standort Kreis Offenbach ist attraktiv und zieht gute Firmen an.
Allerdings kann aus der Tatsache, dass auch die Schlüsselzuweisungen die Umlagemasse speisen, geschlossen werden, dass auch irgendwann mit der Umverteilung Schluss sein muss, sonst werden die Hebesätze zu hoch und die Firmen gehen in andere Kreise.
Der Kreis darf seine Ausgaben nicht überspannen und immer mehr von den Kommunen fordern. Der Kreis muss, wie die Kommunen auch, die Sanierung aus eigener Kraft bewältigen!
Es darf in dieser schwierigen Zeit kein Denkverbot geben. Wir alle sind es gemeinsam den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, den Kommunen und der Zukunft unserer nachfolgenden Generation schuldig, innovative Ansätze zu hinterfragen wie zum Beispiel in folgenden Bereichen:
1. Im Bereich der sozialen Leistungen:
Der Kämmerer sagt, er müsse soziale Leistungen finanzieren, zu denen er verpflichtet sei.
Wenn wir die Indikatoren des Fachbereiches Jugend und Familie betrachten, dann stellt man fest wie die betreuenden Fälle Jahr für Jahr ansteigen. Bei der Familienhilfe sind es + 75 % in nur 4 Jahren. Das kann nicht so weitergehen.
Wir dürfen nicht ungebremst in eine Zeit ständig steigender Sozialfälle hineinkommen.
Das kann zum einen keiner bezahlen, da gibt es zum anderen aber auch das Problem, warum es überhaupt zu so vielen Sozialfällen kommt.
Hier läuft etwas schief in unserer Gesellschaft, und wir können dem nicht einfach mit immer mehr Geld begegnen. Da müssen grundsätzliche Lösungen her.
Eine weitere Steigerung der Ausgaben in diesem Bereich werden wir deshalb kritisch sehen.
Denn wie sieht es aktuell bei den Kommunen aus?
Kommunen können jetzt schon ihre Verpflichtungen im Sozialbereich nicht erfüllen. Eltern pochen auf die versprochenen Betreuungsplätze. Keine Kommune kann diese darstellen.
2. Im Bereich des kostenintensiven ÖPNV
Vor allem ist hier etwas zur RTW zu sagen: Der Kreis will den Zuschuss erhöhen. Aber es muss uns allen klar sein, dass wir die RTW nur unterstützen, wenn am südlichen Ende Langen der Endbahnhof entstehen wird.
Das ist für die FREIE WÄHLER Fraktion absolut unabdingbar.
Weiterhin müssen wir dringend die Ausgaben für das Hopper-Projekt im Blick behalten. Hier fordern wir für die nächsten Jahre eine hohe Transparenz. Wir müssen auch in Zukunft die Frage stellen, was wollen und können wir uns als Kreis noch leisten?
3. Im Bereich der explodierenden Personalkosten:
Bedenklich ist die Entwicklung des Personalaufwandes. In 8 Jahren 54% Steigerung ist viel.
So notwendig jede einzelne Stelle ist, so klar ist auch, dass es so nicht weiter gehen kann. Der öffentliche Dienst kann sich nicht in diesem Maße ausdehnen.
Wenn der Kreis sich personell weiter so ausdehnen will, dann muss er sagen, welche Stellen bei Kommunen wegfallen können.
Ein „Weiter so“ geht nicht! Es sei denn der Kreis schafft sich eigene Mittel, die nicht auf Kosten der Kommunen gehen.
4. Im Bereich Landeswohlfahrtverbandes
In diesem Bereich können wir als Kreis wenig Einfluss nehmen.
Deshalb geht hier unser Appell an den Verband: Mehr Transparenz zu schaffen.
Alle Ausgaben müssen auf dem Prüfstand und Einsparpotenziale gefunden werden.
Unsere Kommunen müssen künftig weiterhin finanziell handlungsfähig bleiben, um vor Ort dringend nötige Investitionen zum Wohle ihrer Bürgerinnen und Bürger, gerade jetzt in Zeiten von Corona, vorzunehmen.
Meine Damen und Herren viele von ihnen sind sowohl Mandatsträger in ihrer Kommune und hier im Kreis.
Ich für meine Person sehe deshalb mit zwei unterschiedlichen Augen auf den Haushalt des Landkreises und der Kommunen.
Ich erkenne dabei ohne Wenn und Aber die Notwendigkeit an, dass der Kreishaushalt aufgrund der übergeordneten Aufgabenübertragung, von denen auch unsere Städte und Gemeinden profitieren, solide und leistungsfähig aufzustellen ist.
Gleichsam bin ich beziehungsweise wir alle in der Funktion als Kreistagsabgeordnete auch verpflichtet, die Finanzkraft der Kommunen im Auge zu behalten und diese nicht über zu strapazieren.
Aufgrund der verschiedenen Lock-down-Maßnahmen fehlen den Kommunen Einnahmen unter anderem aus Kindergärten, Kultureinrichtungen, öffentlichen Verwaltungsleistungen etc..
Hinzu kommen spürbare Corona-bedingte Mindereinnahmen kommunaler Unternehmen.
Um dem mit der Corona - Pandemie verbundenen Einbruch in der Konjunktur zu begegnen, müssen die öffentlichen Investitionen hochgehalten werden.
Mehr als 60 % der gesamten öffentlichen Investitionen werden in der Regel durch die Kommunen getätigt.
In diesen Zeiten müssen alle zusammenhalten. Alle müssen zusehen, dass sie mit den Mittel auskommen, die ihnen zustehen.
Alle müssen in ihren Bereichen, für die sie zuständig sind, Wege finden, die Kosten zu senken. Das sind ureigenste Aufgaben eines jeden Beteiligten.
Durch die neuen Vorgaben des hessischen Regierungspräsidiums hat der Kreissauschuss den Hebesatz für die Kreisumlage gesenkt. Das finden wir richtig und wichtig im Hinblick auf unsere Forderung, die Kommunen dringend zu entlasten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
wenn wir unsere Kommunen nicht umfänglich mehr unterstützen , werden einige von diesen, schon kurzfristig in eine Haushaltsnotlage geraten, die ihnen unter den bisher geltenden Bedingungen keine andere Möglichkeiten lassen, als notwendige Maßnahmen zu verschieben und andere Konsolidierungsmaßnahmen, wie z.Bsp. Personaleinsparung, Privatisierung oder Grundsteuererhöhung zu ergreifen.
Aus diesem Grunde hat die FREIE WÄHLER Fraktion eine weitere Senkung des Hebesatzes der Kreisumlage von zusätzlichen 0,2 % Punkte beantragt.
Haben sie Mut und stimmen sie unserem Haushaltsantrag, die Kreis- und Schulumlage zu senken, zu.
Die Kommunen werden es ihnen Danken.
Zum Schluss gilt unser Dank allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung und Einrichtungen des Landkreises für die Vorbereitung des Haushaltes und generell für das im vergangenen Jahr unter deutlich erschwerten Rahmenbedingung Geleistete.
Persönlich möchte ich noch hinzufügen: Es tut gut feststellen zu dürfen, dass der oftmals gescholtene Öffentliche Dienst auch in Krisenzeiten verlässlich funktioniert und seiner Aufgabenstellung gerecht wird.
Lassen Sie uns 2022 gemeinsam diese Krise meistern und positiv in die Zukunft schauen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!